John Sinclair-Autor Oliver Fröhlich
Hallo liebe John-Sinclair-Leser und die, die es noch werden wollen,
wenn ihr einen Augenblick Zeit und Lust habt, würde ich euch gerne ein bisschen was über mich und den mittlerweile begrabenen (aber einmalig wiederauferstandenen) Eric Wolfe erzählen.
Seit früher Jugend liebe ich Geschichten. Dadurch kam es beispielsweise zu so aufwühlenden Aufsätzen in der Grundschule wie „Rattengift im Vogelhäuschen“. Ich war von meinem literarischen Erstling durchaus überzeugt. Mein Grundschullehrer sah das anders und schrieb als Bemerkung darunter, ich solle meine überbordende Phantasie und meinen Hang zu abenteuerlichen Geschichten etwas besser in den Griff bekommen. Würde er heute noch leben und gelegentlich an den Romanheftständern in den Kiosken vorbeischlendern, dann sähe er: Hab ich nicht gemacht! Ätsch.
Etwas später, ich muss wohl elf oder zwölf Jahre alt gewesen sein, fiel mir ein Heftchen in die Hände, das mich faszinierte. Es ging um Hexen und einen Geisterjäger, der mit seinem chinesischen Partner gegen sie kämpfte. Unvergessen bleibt mir eine Szene, in der Suko mit auf den Rücken gefesselten Händen im Keller festsitzt, sich aber befreien kann, indem er höchst gelenkig zwischen den Armen hindurchsteigt. Und ja, ich habe das (ohne Fessel) selbst probiert, aber nicht geschafft.
Heute weiß ich, dass es sich bei dem Roman um Band 30 „Hexentanz“ gehandelt hat. Damals wusste ich jedoch nicht einmal, aus welcher Serie das Heft stammte, denn es handelte sich erstens um ein aus dem Altpapier gerettetes Exemplar, bei dem der Umschlag und die erste Rota-Seite fehlten, und zweitens habe ich es – Schande über mich! – nach der Lektüre weggeworfen.
Trotz aller Faszination vergingen weitere zwei Jahre, bis ich erneut einen zerfledderten Roman aus dem Altpapier zerrte. Band 91: „Satans Schloß“ (ja, das schrieb man damals noch mit ß). Sofort erkannte ich die Geisterjäger wieder – und dieser Zweitkontakt brachte mich endgültig zur Serie. Ich besorgte mir am Kiosk sofort die aktuelle Nummer 155 „Die Teufelsuhr“, holte mir jede Woche den neuen Band und versorgte mich über Zweitauflagen und Sammelbände mit älteren Romanen. Mit Begeisterung verfolgte ich Johns Abenteuer mit der Mordliga, den Großen Alten, den Templern, Aibon und und und ...
Zehn Jahre lang begleitete ich John und seine Freunde bei ihrem Kampf gegen das Böse, bis wir uns irgendwo Mitte der 600er ein bisschen auseinanderlebten. Beruf, neue Interessen und diverse andere Dinge ließen unsere Beziehung einschlafen. Aus den Augen verloren habe ich die Serie jedoch nie. Immer wieder kam es zu kürzeren Besuchen und jedes Mal flackerte das alte Sinclair-Feeling wieder auf.
Eine Sache habe ich Jason Dark und John Sinclair aber definitiv zu verdanken: den Wunsch, ja, das Verlangen, selbst Geschichten zu erzählen. Lange Jahre vergingen, in denen ich dieses Verlangen sporadisch auslebte (zum Beispiel mit Kurzgeschichten oder als Spielleiter mit selbst ausgedachten Storys bei „Das Schwarze Auge“). Ich kehrte als Leser zu den Heftromanen zurück, erfreute mich an MADDRAX, PROFESSOR ZAMORRA, PERRY RHODAN und anderen, bekam Kontakt zum Fandom, führte Interviews mit Autoren, versuchte mich als Co-Autor an einer Online-Gruselserie ...
... und irgendwann geschah es. Durch eine Verkettung aus Zufällen und Hartnäckigkeit (die zu schildern den Rahmen des ohnehin viel zu langen Texts sprengen würde und die ich an anderer Stelle schon oft genug erzählt habe) bekam ich die Gelegenheit, einen Roman zu PROFESSOR ZAMORRA beizusteuern. Und da war sie nun, die Frage, ob ich unter Pseudonym oder Echtnamen veröffentlichen sollte. Einerseits (und nicht zuletzt wegen meiner jahrelangen Sinclair-Lektüre) liebäugelte ich mit einem Pseudonym, weil ich das für stilechter hielt – und weil der Nachname Fröhlich auf einem Gruselroman vielleicht doch eher sonderbar wirkte. Andererseits verlangten es der Stolz und die Eitelkeit, den eigenen Namen auf einer Veröffentlichung zu lesen. Schon alleine, um allen „Du-schaffst-das-nie“-Sagern ein deutliches „Doch!“ entgegenzuschmettern.
Aus einem ZAMORRA-Roman wurden viele. Es folgten Beiträge zu MADDRAX, DORIAN HUNTER, BAD EARTH und irgendwann auch PERRY RHODAN NEO und PERRY RHODAN. Alle unter meinem echten Namen.
Bis ich irgendwann erfuhr, dass für JOHN SINCLAIR Co-Autoren gesucht wurden, weil Jason Dark kürzertreten wollte. Ich glaubte meinen Ohren nicht zu trauen. Winkte da etwa die Gelegenheit, etwas zu meiner literarischen Jugendliebe beizusteuern, zu der Serie, mit der für mich alles begann? Ich dachte reiflich darüber nach (etwa zwei Sekunden), bewarb mich und wurde genommen. Diesmal jedoch nutzte ich die Gelegenheit, meinen ursprünglichen Gedanken in die Tat umzusetzen, und entschied mich für ein Pseudonym. Während Eric Wolfe nur für SINCLAIR schrieb, hatte Oliver Fröhlich in anderen Serien reichlich zu tun.
Nach neun Romanen verließ Eric Wolfe (also ich) allerdings das SINCLAIR-Team. Stattdessen stieß Oliver Fröhlich (also ebenfalls ich) dazu.
Wie beruhigte Anfang der 90er Jahre die Werbung eines Schokoriegels seine Käufer? „Raider heißt jetzt TWIX, sonst ändert sich nix.“ Und genauso sollte es beim Wechsel des Autorennamens sein. Nur dass mir kein so schmissiger Reim einfiel wie den damaligen Werbestrategen. Allerdings fragte ich mich bei Raider, wenn sich doch nix ändert, warum dann der Name? Für den Schokoriegel weiß ich die Antwort bis heute nicht, für den Wechsel von Wolfe zu Fröhlich allerdings schon. Und ich will sie euch nicht schuldig bleiben.
Es gab nicht DEN einen Grund für meine Entscheidung, sondern eine Ansammlung einiger Kleinigkeiten. Da war einmal die Verwirrung zu nennen, die ich damit offenbar beim einen oder anderen ausgelöst habe. Manch einer wusste nicht, dass ich hinter dem Pseudonym steckte. Andere fragten: „Warum schreibst du deine restlichen Sachen unter echtem Namen und versteckst dich bei SINCLAIR hinter einem Pseudonym?“ Ehrlich gesagt habe ich irgendwann die Lust verloren, diesen Leuten den Grund zu erklären und ihnen zu versichern, dass ich mich keineswegs versteckte.
Hinzukam, dass es zwar schon immer mein Wunsch gewesen war, einen Horror-Roman unter einem Pseudonym zu schreiben, wie es zu meiner Zeit als jugendlicher Leser vielleicht auch funktioniert hätte. Doch wie sagt der Englischsprachler? „Been there, done that.“ Mit anderen Worten, mein Wunsch hatte sich inzwischen neunfach mit Eric-Wolfe-Romanen erfüllt, weshalb also damit weitermachen? Auf meiner Liste „Dinge, die ich im Leben noch erreichen will“ war an dieser Stelle ein Haken gesetzt. Deshalb wurde es Zeit, einem anderen Wunsch nachzugehen, nämlich meine künftigen Veröffentlichungen alle unter demselben Namen versammelt zu sehen. Selbst meine Eltern, die ich stets mit einigen Belegexemplaren versorge, haben irgendwann angemerkt: „Eigentlich ist es schade, dass da nicht dein richtiger Name draufsteht.“ Und obwohl ich mittlerweile ein einigermaßen gereiftes Alter erreicht hatte, wer war ich denn, dass ich nicht auf meine Eltern hören würde?
Drittens – und das mag jetzt albern klingen, ist aber die volle Wahrheit und nichts als die Wahrheit, so wahr mir der Geisterjäger helfe – hatte ich im Laufe meiner Zweitexistenz als Eric Wolfe feststellen müssen, dass mir dieser Name bei Autogrammen einfach nicht aus den Fingern flutschen wollte. Meine ohnehin grenzwertige Handschrift verwandelte sich bei Eric-Wolfe-Autogrammen stets in ein fürchterliches Gekrickel, das zu allem Überfluss auch noch jedes Mal völlig anders aussah.
Also hat Oliver Fröhlich mit Band 2076 die Tastatur von Eric Wolfe übernommen - und sie aus privaten und beruflichen Gründen leider nur anderthalb Romane lang für John Sinclair klappern lassen. Mit Band 2106 aus dem November 2018 legte ich eine fast fünfjährige Pause in der Serie ein. Aber wie es mit den großen Lieben im Leben eines Menschen oft so ist: Man kann sich ihnen einfach nicht auf Dauer entziehen. Ich kehrte im August 2023 mit Band 2352 "Hotel der Verlorenen" zurück (aus nostalgischen Gründen noch ein letztes Mal als Eric Wolfe). Und diesmal habe ich den festen Vorsatz, noch etliche Romane folgen zu lassen. Das Ideen-Notizbuch jedenfalls ist randvoll. Und ein neues, noch leeres liegt schon bereit.
Sollt ihr, liebe Leser, das nun als Versprechen oder als Drohung auffassen? Nun, diese Entscheidung bleibt jedem selbst überlassen. Ich hoffe aber, dass sich die Mehrheit für die erste Möglichkeit entscheidet.
Also, wir lesen uns.
Euer Oliver Fröhlich
Steckbrief von Oliver Fröhlich
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Mein Kindheitstraum:
Autor zu werden – nicht zuletzt dank der Lektüre von John Sinclair. -
Warum ich Autor wurde:
Weil es mein Kindheitstraum war J - und er mich auch im Erwachsenenalter nie losgelassen hat. -
Was der Beruf mir bedeutet:
Ich liebe Geschichten, egal ob in Form von Fernsehserien, Spielfilmen oder Romanen. Das Schreiben bedeutet für mich die Gelegenheit, anderen, die Geschichten genauso lieben wie ich, welche erzählen zu dürfen. Für mich ist das Schreiben zwar nur ein aus dem Hobby erwachsener Nebenberuf, aber darin spiegelt sich für mich eine Vielfalt von Gefühlen wider, die man während des Schreibprozesses durchlebt: Freude, Spannung, Unsicherheit, Stress, Stolz. -
Mein erster Job:
Im Wortsinne war mein erster Job ein Ferienjob, nämlich Leitungsschlitze auf einer Baustelle klopfen. Den habe ich tatsächlich sogar zwei bis drei Tage durchgehalten ... Mein erster Beruf war zugleich der, den ich immer noch ausübe, nämlich den als Beamter. Mein erster Schreibjob bzw. meine erste Veröffentlichung war „Der Schattenkelch“, Band 903 aus der Serie PROFESSOR ZAMORRA. -
Welchen Bezug ich zu John Sinclair habe:
John war ein treuer Begleiter während meiner späten Kindheit und der Jugend bis hinein ins frühe Erwachsenenalter. Und auch in den Jahren seitdem habe ich immer wieder in die Serie hineingeschaut. -
Dein Lieblingsgegner bei John Sinclair:
Das war gleich eine ganze Gruppe vor vielen, vielen Jahren, nämlich die Großen Alten. -
Meine größte Herausforderung beim Schreiben bisher:
Jeder neue Roman stellt zugleich die größte Herausforderung dar. Ansonsten fordern mich stets Szenen heraus, in denen ein Bösewicht etwas Schreckliches tut, wenn ich diese Szenen aus der Sicht dieses Bösewichts schildern muss. Wenn ich mich also in ihn hineinversetzen muss, während er etwas Unsagbares tut. Das ist nicht immer einfach. -
Mein Lieblingslied:
Da ich ein exzessiver Musiksammler bin, in dessen Sammlung Pop, Rock, Hardrock, Metal, Progressive Rock, Oldies, ein bisschen Country, Neue Deutsche Welle und Neue Deutsche Härte, Singer/Songwriter und und und enthalten ist, habe ich so etwas wie ein Lieblingslied nicht - bzw. wechselt es fast stündlich. -
Mein Lieblingsfilm:
Habe ich auch keinen, weil es einfach eine Unmenge an Filmen gibt, die mir sehr gut gefallen haben. -
So entspanne ich:
Beim Hören mal lauter, mal leiser Musik, während ich einen guten Roman lese. -
Worauf ich stolz bin:
Auf jeden neuen Roman. -
Mein perfekter Tag:
Ich würde gerne eine so schlichte und zugleich vieldeutige Antwort geben wie: „Heute“. Nur wäre das leider gelogen. Aber jeder Tag, an dem ich das schaffe, was ich mir vorgenommen hatte, ist schon nahe dran. -
Mein Laster:
Meine Sammelleidenschaft, die – wenn sie mich packt – auch schon mal aus dem Ruder läuft, egal ob bei Musik, Romanheften, TV-Serien oder was auch immer. -
Wen ich bewundere:
Stephen King für seine Fähigkeit, Charaktere zu zeichnen. Jason Dark für seine Disziplin, früher Woche für Woche ein Heft und Monat für Monat ein Taschenbuch zu schreiben. Clive Barker für seine Sprachgewalt. F. Paul Wilson für seine Fähigkeit, Spannung zu erzeugen und dennoch locker flockig zu erzählen. Und jeden anderen Autor, der es Tag für Tag schafft, für seine Leser eine Tür in andere Welten aufzustoßen. -
Meine Inspiration:
Die ist so vielfältig und wechselhaft (vom Alltag über Songtexte bis hin zu Romanen), dass ich geneigt bin zu behaupten: So etwas wie Inspiration gibt es nicht. Zumindest nicht in dem allgemein verstandenen Sinne. Anders ausgedrückt: Sie ist zugleich überall und nirgends. Wer aktiv nach ihr sucht, wird sie finden. Wer passiv auf sie wartet, wird vergeblich warten. Sie entspringt harter Arbeit und dem Wunsch zu schreiben. Wer sich aber hinsetzt und mit dem Schreibbeginn abwarten will, bis ihn etwas inspiriert, wird wohl nie eine Zeile tippen.